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Die Philosophen hätten die Welt nur interpretiert, es käme darauf an, sie zu verändern, lautete das Fazit von Karl Marx in seinen “Thesen über Feuerbach“.

Heute verändert sich die Welt so schnell, dass die Philosophen mit dem Interpretieren nicht mehr nachkommen.

Hier ein Versuch:

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III.
Es ist wohl keine gewagte Prognose – und bereits tägliche Realität – dass in deutschen und westeuropäischen Städten in Zukunft gewalttätige Formen der „Konfliktlösung“ immer öfter der Fall sein werden, in denen tribalistische Gemeinschaften und skrupellose Individuen den „letzten Menschen“ (Nietzsche), durchgegendert und diversitysensibel, überlegen sind, da sie sich nicht an die Spielregeln demokratischer Übereinkunft halten.

Der noch existierende Rest-Leviathan sieht sich zeitgleich nicht mehr in der Lage, seine Macht auszuüben, da seine repressiven Mittel und Instrumente in der Sicht eines vorherrschenden moralischen Universalismus prinzipiell als illegitim gelten.

Ein Staat, der wie in den letzten Jahren deutlich zu sehen, immer öfter auf die Verfolgung und Sanktionierung von Verbrechen verzichtet, macht die Opfer der Verbrechen unfrei in einem existenziellen Sinne. Denn der Stärkere besetzt nun Räume, in denen der Schwache keinen Schutz mehr durch das staatliche Gewaltmonopol erfährt.

Der Leviathan ist im wahrsten Sinne des Wortes zahnlos geworden, obwohl er symbolisch immer noch als der Hauptfeind vorgeführt wird, eine der vielen Verirrungen der politischen Linken, die mit ihrer Politik der Grenzenlosigkeit maßgeblich zur Rückkehr des Behemoth beigetragen haben und den Feind immer noch bei ihresgleichen suchen, was zugegebenermaßen auch wesentlich ungefährlicher ist.

 

Die Ordnung des nationalstaatlich organisierten Leviathans verwandelt sich, anders als von seinen Kritikern vorhergesagt und intendiert, aktuell in die multikulturell-globalisierte Welt des Behemoth.

 

Es droht nicht nur eine „Retribalisierung“ der westlichen Gesellschaften, die in mehr und mehr segmentierte Gemeinschaften zerfallen und bereits innerhalb der autochthonen Bevölkerung in unversöhnliche Lager gespalten sind, sondern auch ein Rückfall in Verhältnisse, die bis vor kurzem nur als historische Kuriositäten oder mit weitem Abstand betrachtet wurden.


Die Vorteile für diejenigen, die sich in ethnischen, religiösen, tribalen oder auch kriminellen Gruppen organisieren und den atomisierten Einzelnen einer säkularen und befriedeten Gesellschaft gegenüberstehen, sind nicht von der Hand zu weisen.

Das aufgeklärte und weltoffene Individuum identifiziert dennoch unbeirrt den Staat (Polizei, Militär, Justiz etc.) als Wurzel aller Übel und Hort des Bösen. Eine Befreiung aus gesellschaftlichen Zwängen verspricht in dieser Sichtweise nur die Abschaffung und Zerstörung aller Ordnungselemente.

Es wird aber in Zukunft nicht mehr der Staat der große Gegner unserer Freiheit sein, sondern die negative Fixierung auf ihn wird den Raum für die Durchsetzung des Behemoth mit seiner permanenten Existenz von Gewalt eröffnen.

Wahrscheinlich wird das nicht sofort flächendeckend und unbegrenzt der Fall sein, aber niemand wird mehr sicher sein können, denn die Gewalt kann sich prinzipiell an jedem Ort und jederzeit manifestieren. Wie lange das beliebte Narrativ des „Einzelfalls“ hier noch die Realität zudecken kann muss offen bleiben.

Es wird aber wohl lange dauern, da seine Protagonisten mental nicht in der Lage sind einen elementaren Fehler zuzugeben, da ihr Weltbild dadurch als Ganzes zum Einsturz gebracht würde.


Im Buch Hiob heißt es in Bezug auf den Leviathan:

„Wenn er sich erhebt, so entsetzen sich die Starken.“ Heute muss sich faktisch niemand mehr vor ihm fürchten. Die Schwächung des Leviathans hat dazu geführt, dass die Voraussetzung für Freiheit, nämlich die Sicherheit vor der Gewalt des Einzelnen oder Gruppen, im Schwinden begriffen ist.

Rolf Peter Sieferles pessimistische Prognose aus dem Jahre 1994 könnte sich so in naher Zukunft bestätigen: „Die Entwaffnung des Leviathan hat den Behemoth aufgerüstet, der darangeht, die Herrschaft zu übernehmen.“

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Quelle: